Prof. Dr. Dr. Wolfgang Berger und Dietmar Schrey muten dem Leser mit ihrem Buch „Business Reframing“ schwere Kost zu. Nicht etwa, weil es schwer zu lesen, langweilig geschrieben oder uninteressant wäre – ganz im Gegenteil. Aber es verlangt vom Leser, lieb gewordene Denkschablonen zu verlassen und letztlich – will er vom Buch profitieren – auch sein eigenes Verhalten zu ändern.

Alte Modelle über Bord werfen
Die Autoren gehen davon aus, dass das ewige Modell des Jägers und Kriegers ausgedient hat. Es gehe nicht mehr darum, den anderen zu besiegen, sondern ihn für sich zu gewinnen. Es komme nicht darauf an, was wir verdienen mit dem, was wir tun. Es komme allein darauf an, wer wir werden durch das, was wir tun, so die Überzeugung der Autoren.

Magische Anziehungskraft
Die erste und einzige Aufgabe von Unternehmen ist laut Berger „Menschen Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung zu verschaffen“. Nur dann kann ein Unternehmen nach seinem Verständnis erfolgreich sein. Ein Unternehmen müsse zur Erfüllungsstätte für Lebensaufgaben werden. Deshalb gehe es für Unternehmer und Führungskräfte darum, zu erkennen, ob sie das Warum ihres Tuns begeistert. Erst dann seien sie in der Lage, eine Mission und Vision zu entwickeln und diese zu leben. Davon würden auch die Mitarbeiter magisch angezogen.

Resonanz schaffen
Über die Aufgabe des Unternehmers schreiben die Autoren: „Die Aufgabe der Führung ist nicht das Planen und Steuern, das Entscheiden und Kontrollieren, das Handeln und Agieren. Die Aufgabe der Führung besteht einzig und allein darin, das ganze Unternehmen auf die gleiche innere Frequenz einzustimmen – Resonanz zu schaffen.“ Das Organisationsmodell der Zukunft seien kleine, überschaubare Gruppen, die sich aufeinander „einschwingen“. Nur solche Systeme hätten in turbulenten Zeiten Überlebenschancen.

Kooperation bringt schwarze Zahlen
Doch keine Angst, Berger und Schrey belassen es nicht bei der Theorie. Die Theorie wird mit zahlreichen Beispielen angereichert. Beispielen aus der Wirtschaft oder mit philosophischen Texten und Thesen.

Besonders beeindruckend ist das Beispiel des Unternehmers Wolf Veyhl, der sich im Würgegriff seiner Großkunden befand, die Liefermengen und -daten sowie Preise diktierten. Ein Rahmenvertrag hätte dem Unternehmen einen ordentlichen Verlust beschert. Im Buch wird beschrieben, wie es Veyhl gelang, gemeinsam mit seinen Kunden in einer „Zukunftswoche“ Dinge zu entwickeln, die es bis dato nicht gab und die alle haben wollten, weil sie selbst an der Entwicklung beteiligt waren. Es gelang ihm, in den Wertschöpfungspartnerschaften mit seinen Großkunden die Abhängigkeit umzukehren. Es ist ihm gelungen, das zu tun, was Business-Reframing empfiehlt: Alte Verhaltensweisen über Bord zu werfen, sich nicht in einen aussichtslosen Kampf zu werfen, sondern etwas zu schaffen, dass zur gemeinsamen Vision aller wird. Kooperation, die schwarze Zahlen bringt, während nach einem Kampf immer einer am Boden liegt.

Das Buch regt dazu an, über Grundlegendes nachzudenken. Gerade jetzt während der Krise, in der viele Betriebe Kurzarbeit haben, bietet es sich an, aufzuräumen und sich neu zu positionieren, damit man nach der Krise am Aufschwung teilhaben kann.

Lesenswert: Viele Anstöße für die Praxis.

Bemerkenswert: Das Buch ist erstmals vor mehr als 20 Jahren erschienen und doch ist es aktueller denn je.

Business Reframing. Erfolg durch Resonanz von Wolfgang Berger, Springer Gabler, 6. Auflage, €49,99, ISBN 978-3658189143